Demokratie, was ist das? Und warum können sie Big-Tech-Unternehmen abschaffen?

Gastkommentar von Screenforce-Österreich-Sprecher Walter Zinggl (IP Österreich)

    Es war beim letzten Screenforce Expertenforum, als ein Wissenschaftler der Universität Köln sagte „Meta, Alphabet und Amazon ziehen bis zu 90 Prozent der globalen Werbeinvestitionen auf sich, wodurch etablierten Medienmarken die wirtschaftliche Grundlage entzogen wird. Zudem kontrollieren die Plattformen durch ihre Algorithmen die politische Öffentlichkeit. Um den Traffic zu erhöhen, fördern sie konsequent Fake News, Hate Speech und demokratiefeindliches Verhalten“, warnt Andree.

    „Wenn Big Tech nicht in die Schranken gewiesen wird, verabschieden wir uns ohne Not konsequent von der Demokratie. Die Plattformen verdienen mit strafbaren und kriminellen Inhalten Geld“, ist der Autor und Wissenschaftler überzeugt. (Martin Andree habilitierte 2018 an der Universität zu Köln im Fach Medienwissenschaften).

    Starker Tobak! Aber kennen wir das nicht alle aus unseren eigenen Erfahrungen? Wer die Entwicklung seiner Facebook-Timeline oder seines Instagramm-Feeds mit wachem Geist verfolgt, merkt wie die thematische Auswahl der angebotenen Beiträge immer enger wird. Und kann dann noch weiterdenken, wie sich das auf Menschen auswirkt, die ihre „Informationen“ über die Welt, aktuelle Problemstellungen oder auch wissenschaftliche Erkenntnisse ausschließlich von den „Plattformen“ beziehen: Ein extremer Tunnelblick, der die Welt verengt und alles außerhalb der eigenen „like“-Welt ausschließt.

    Nun hat die Demokratie in der Antike zwar auch Frauen (also 50 Prozent der Bevölkerung) und „Unfreie“ (weitere circa 25 Prozent) von der Teilhabe am Entscheidungsprozess wie selbstverständlich ausgeschlossen. Aber erstens leben wir nicht mehr im Athen der Antike und zweitens sollten die letzten 100 Jahre der aufgeklärten Demokratie die Vorteile des Willensbildungsprozesses durch Argumentation für unterschiedliche Standpunkte und gemeinsame Kompromissfindung jedem Menschen aufgezeigt haben. Aber dazu müssen die unterschiedlichen Standpunkte auch wahrgenommen werden beziehungsweise wenigstens die Chance der Wahrnehmung für „durchschnittlich gebildeten Medien-Verwender“ bieten. Und wer dies durch „traffic-optimierende Algorithmen“ ersetzt, der gefährdet die Demokratie. Weil die Aufbereitung und objektive Darstellung unterschiedlicher Standpunkte in einer arbeitsteiligen Gesellschaft Menschen und Experten benötigt. Journalisten eben.

    Und wer keine Journalisten beschäftigt und durch redaktionsinterne Regulative in ihrer Arbeit prüft, sondern ungeprüfte „Beiträge“ durch Algorithmen selektiv reihen lässt, der zerstört die Basis der Demokratie.

    Die(se) Wahrheit ist uns allen zumutbar.


    Kurz zusammengefasst:

    • Die etablierten Medienmarken brauchen eine wirtschaftliche Grundlage, um qualitativ hochwertige und objektive Informationen zu liefern, die unterschiedliche Standpunkte darstellen und einen demokratischen Diskurs ermöglichen.
    • Die Plattformen schränken die thematische Auswahl der angebotenen Beiträge ein und erzeugen einen extremen Tunnelblick, der die Welt verengt und alles außerhalb der eigenen „like“-Welt ausschließt.

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